Quer durch Freiburg

Und wieder fand eine Demo für Freiheit, Menschlichkeit und Vernunft in Freiburg statt. Es ist gigantisch zu sehen wie viele Menschen jede Woche aufs Neue kommen und dem schlechten Wetter trotzen, um ihre Stimme und ihr Licht in diese Welt zu tragen.

Diesmal waren 5000 Leute dabei, aber wir waren auch schon 8000! Ich weiß wir sind viele und bei einer Demo die jede Woche stattfindet, kommt man vielleicht nicht jeden Samstag. Noch immer gibt es einige die zum ersten Mal dabei waren.

Beständig stehen mehr und mehr Menschen auf.

Ich war diesen Samstag alleine auf der Demo und obwohl man sich unter tausenden von Menschen verloren fühlen kann, habe ich doch gespürt, dass wir alle gemeinsam eine riesen großen Familie sind. Wer hätte sich das vor noch wenigen Monaten jemals erträumen können? Da ist ein friedlicher Aufschrei der durch die ganze Bevölkerung geht und irgendwie finden fremde Menschen zusammen um sich dem Unrecht zu stellen. Irgendwie birgt das Ganze so viel mehr, denn ist es nicht so, dass uns allen ein Stück weit die Augen geöffnet wurden? Jetzt haben wir die Chance vereint einen kompletten Neustart mitzugestalten.

Ein kleiner Blick hinter die Kulissen

Diesen Samstag bin ich etwas früher gekommen und durfte ein paar der Menschen kennen lernen, die alles geben um diese Demo Woche für Woche stattfinden zu lassen. Da sind Leute die trotz ihrer Vollzeitbeschäftigung all ihre Energie und all ihre Freizeit in dieses Projekt reinstecken. Menschen die an das glauben was sie da tun und durch ihr Engagement Hoffnung verbreiten. Denn dank ihnen wird uns allen die Chance gegeben unsere Meinung nach draußen zu tragen.

Mir wurde bewusst wie viel hinter der ganzen Organisation steckt. Es fängt bei so einfachen Dingen an wie dem Aufblasen der wunderbaren Herzchen-Luftballons. Die Ordner die sich zur Verfügung stellen, Masken und Schilder die bereitgestellt werden, das Drucken und verteilen der Flyer, der Aufbau der Zelte, der Aufbau der Bühne mit all ihrer Technik… Dann gibt es sicher immer wieder Pannen. Diesen Samstag fiel ein Generator aus und es musste auf die Schnelle eine Lösung gefunden werden. Ich habe ein Team wahrgenommen, das trotz all der Auflagen und Vorschriften die das Ganze behindern einen ruhigen Kopf bewahrt hat und die Demo letztendlich auch diesen Samstag für uns möglich gemacht hat.

Ich möchte Danke sagen und ich weiß, dass da noch viele, viele mehr Danke sagen möchten.

Dann ging es endlich los

Die Menschen haben sich um die Bühne herum gesammelt. Es wurde Musik gespielt die für eine gute und liebevolle Stimmung gesorgt hat. Menschen treffen sich und Lachen miteinander. Überall kann ich bunte Friedensfahnen, Herzchen, Flaggen unterschiedlicher Nationen und witzig beschriftete Schilder sehen. Es herrscht eine ausgelassene und angenehme Stimmung. Viele Familien mit ihren Kindern sind ebenfalls da.

Der Zug ist lang und es dauert einige Minuten bis auch meine Gruppe losgehen darf. Rasch merke ich, dass ich nicht die einzige bin die heute alleine unterwegs ist. Ein Blick um die Menschen herum bestätigt mir auch diesen Samstag wieder: hier ist ein bunter Mix der Gesellschaft von allen Altersklassen anzutreffen. Dabei spielt es keine Rolle ob „geimpft“ oder „ungeimpft“. Im Stillen denke ich, dass ich mich hier als Nazi nicht sonderlich wohl fühlen würde. Zumal es auch einige Plakate mit dem Schriftzug „Gegen Nazis“ zu sehen gibt.

Nicht weit von mir ist eine Mutter mit ihrer erwachsenen Tochter. Beide sind sehr gut gekleidet und ich habe den Eindruck, dass sie zum ersten Mal an einer Demo teilnehmen. Als ihnen ein anderer Demonstrant sein Schild reicht sind sie ganz aufgeregt und halten stolz die Botschaft nach oben.

Wir haben eine Stimme, jeder einzelne von uns ist wertvoll und wichtig und irgendwie ist es uns gelungen auf diesem Weg zusammen zu finden.

Erneut wird mir klar was hier gerade Wunderbares passiert. Leute die niemals zuvor (mich eingeschlossen!) darüber nachgedacht hätten auf die Straße zu gehen um für etwas zu kämpfen, stehen jetzt eben doch auf der Straße. Es ist als ob wir plötzlich spüren, dass wir eine Stimme haben. Wir sind das Volk und eigentlich sollten die Politiker sich nach uns richten und Für nicht gegen uns agieren.

Das Nadelöhr des Hasses

Auch diesen Samstag blieb es uns nicht erspart an Gegendemonstranten vorbei zu laufen. Auf der einen Seite ist es fast schon gut diesen Menschen sein Schild entgegen halten zu können, denn das macht es irgendwie noch wertvoller seine Meinung nach da draußen zu tragen. Es würde ja auch wenig Sinn geben zu demonstrieren, wenn alle dasselbe denken würden.

Allerdings ist es doch recht unterirdisch wenn man ausgebuht wird, einem der Stinkefinger gezeigt wird oder man als „Rechts“ bezeichnet wird während man ein Plakat gegen Spaltung, für Demokratie und die Freiheit aller Menschen in die Höhe hält. Auffällig war, dass sich die Beschimpfungen dieses Mal sehr in Grenzen gehalten haben. Entweder weil die Gegendemonstranten erheblich weniger sind oder weil man wusste, dass das ZDF unterwegs ist und es eventuell nicht allzu medienwirksam ist, wenn man sich als aggressiv und hasserfüllt outet.

Interessant war auch zu beobachten, dass offensichtlich eine Art Strategiewechsel der Botschaften der Gegendemonstranten stattgefunden hat. Statt vermehrt Dinge zu lesen wie „Geht scheißen“, „Ihr stinkt nach Kacka“ oder „Mit euch fickt keiner“ gab es nun auch unter anderem Banner zu sehen auf denen stand „Reitschuster ist rechts“ oder „Reitschuster lügt“. Leider bleibt auch das nur eine Behauptung.

Für einen stets erfreulichen Lichtblick sorgten dann die vielen Menschen die uns ihre Unterstützung gezeigt haben indem sie uns von ihren Fenstern, Balkonen oder dem Straßenrand zugewunken haben.

Mein Fazit

Auch nächsten Samstag werde ich dabei sein. Ich erlebe jedes Mal aufs Neue eine Gruppe unterschiedlichster Menschen die friedlich und harmonisch zusammenkommt um für ihre persönlichen und die Rechte ihrer Kinder und Enkel einzustehen. Ich muss es einfach nochmal tun: Danke! An alle da draußen die an eine bessere Welt als die Jetzige glauben. Und ich bin mir sicher: Gemeinsam sind wir stark.

Eure LauRebell

(Gastbeitrag für zukunft-fr.de)